Liebesbrief

Im August 1977 fuhren wir mit unserem knallroten Fiat 850 von Lörrach nach Salerno. Zu viert saßen wir in dem Kleinwagen, meine Eltern mein Bruder und ich. Das Auto wurde bis zum letzten Kubikmeter mit Reiseproviant, Reisegepäck und Geschenke für Freunde und Verwandten vollgepackt. Beinfreiheit gab es kaum. Was nicht in den Innen- oder Kofferraum passte, kam auf den Dachträger und wir nahmen quasi ein Stück deutsche Heimat auf die Fahrt mit und fuhren der Sonne, Meer und dem dolce far niente entgegen auf gut Deutsch, dem nichts tun.

Unsere Ankunft sorgte immer für Aufsehen. Kaum angekommen, kamen auch gleich Freunde und Verwandte, die sich auf die deutsche Schokolade und andere Mitbringsel freuten. Die ersten Stunden der Ankunft waren sowieso die schönsten, denn es waren immer stimmungsvolle Stunden, bei welchen gelacht und geweint wurde.

So war es auch an diesem ersten Abend. Es war eine sehr schöne Sommernacht, klar und voller blitzender Sterne. Sitzend auf der Fensterbank genoss ich die salzige Meeresluft und sah den Sternschnuppen zu.

Eine Gruppe Jugendlicher bestaunte unser Auto. Einer der Jungs sprach mich an und meinte, dies sei ein schönes Auto, rot wie die Liebe und dabei schaute ich in seine tiefen wasserblauen Augen.

Der Sommer nahm seinen Lauf…

…und ich verliebte mich in diesem Sommer zum ersten Mal.

Es folgten Tage am Strand mit langen Spaziergängen und Gesprächen immer unter dem scharfen Blick meiner Onkels und Cousins. Aus der Jukebox der Strandkaffees hörte man fast nur das eine Lied der Musikgruppe Santo California Torneró. Das Lied drückte all unsere Gefühle aus und das mit jedem Wort! Am Ende des Urlaubs tauschten wir unsere Adressen aus und versprachen uns zu schreiben. Nach der Verabschiedungszeremonie von unseren Freunden und Verwandten und all den Köstlichkeiten, die sie uns mitgaben um unser Heimweh zu erleichtert, fuhren wir Richtung Autobahn. Gefolgt von einer Eskorte Vespas und ganz vorne meine erste große Liebe, die uns bis zur Autobahneinfahrt begleitete. Diesmal war die Heimfahrt anders. Mit jedem Kilometer, den wir Richtung Norden fuhren, hatte ich das Gefühl erwachsener und nachdenklicher zu werden und es stellte sich mir wieder mal die Frage – wie geht es weiter?

In Deutschland angekommen, kam auch eine Woche später der erste Liebesbrief an. Als ich ihn öffnete, fielen Sandkörner aus dem Kuvert heraus und ich hatte den halben Sandstrand von Salerno vor meinen Füßen liegen. Es folgten über das Jahr viele Briefe. Mit jedem Gang an den Briefkasten schlug mein Herz höher. Manchmal blieb ich wie angewurzelt am Briefkasten stehen und führte Zwiegespräche mit ihm. Es gab auch Tage da ignorierte ich einfach diesen Kasten, weil ich es einfach ungerecht fand, dass es kein Ausweg gab sich besser kennenzulernen. Um den Ruf der Familie nicht zu schädigen, bewahrten wir Abstand zueinander. Unsere Gefühle wurden unterdrückt und wir hatten nur in meinen Schulferien Zeit uns kennenzulernen.

Mein ganzes Taschengeld wurde für schönes Briefpapier, das sorgfältig im Schreibwarenladen ausgesucht wurde angelegt. Ein Telefonat war einfach zu teuer. Diese Liebe aus der Entfernung ging auch ein paar Jahre gut und der Briefhaufen wurde auch immer größer. Der Inhalt der Briefe war mal sehr liebevoll und manchmal auch mit Wut geschrieben. Immer wurden sie mit meinem Parfüm besprüht und mit einem echten Lippenkuss mit meinem knallroten Lippenstift beendet. Allerdings konnte es auch sein, dass ich versehentlich die Espresso Tasse draufstellte oder Gedanken auf Papierschnipsel schrieb und beilegte und ich diese so abschickte.

Liebes

Ich beschloss die Beziehung zu beenden, den ich sah absolut keine Zukunft darin. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass unsere Beziehung bestand hatte. Sein Beruf war hier in Deutschland nicht gefragt und ich hätte niemals einer Heirat zugestimmt, da ich aus moralischen Gründen und der Familie zuliebe immer ehrenhaft und vorbildlich sein wollte. Wir hatten nie die Chance ohne Heirat zusammenzuziehen um uns besser kennenzulernen.

Ich schrieb meinen letzten Brief indem ich nicht an unsere Liebe zweifle aber daran, ob ich mich jemals den Ansprüchen einer Ehe gerecht werde, wenn ich eine ganz andere Mentalität kennengelernt hatte. Heute weiß ich, dass so eine Liebe ein Geschenk für das Leben ist. Die Briefe, Gespräche, das ungesagte und die Gedanken dieser Entfernung haben mich für die Zukunft gestärkt, meinen eigenen Weg zu finden.

Die Verbindung mit seiner Cousine ist niemals abgebrochen und Jahre später hat sie mir erzählt, dass er meine Briefe aufbewahrt hat. Jedes Mal, wenn ich am Meeresufer stehe und in die Weite des Meeres schaue, erinnert es mich an seine tief wasserblauen Augen.


58 Gedanken zu “Liebesbrief

  1. Liebe Maria eine wunderschöne Liebesgeschichte .ich hab richtig mit dir mitgefühlt ❤️auch wenn du heute sehr glücklich bist , fragt man sich doch , weshalb durfte diese Liebe nicht frei fließen ohne Angst vor der Familie , Moral und Anstand ? Was wäre daraus geworden ? 😉wie geht es ihm heute und hat auch auch noch diese Erinnerungen?
    Liebe Grüße Mona

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    1. Liebe Mona, ich habe durch seine Tante erfahren, das seine Frau gestorben ist und er nun mit seinen 3 Kindern in Bologna lebt. Er hat Salerno verlassen und dort ein neues Leben angefangen. Ich denke, das es im gut geht und ich bin davon überzeugt das er auch ein sehr guter Vater ist.

      Meine damalige Entscheidung war richtig, denn ich hatte durch das Leben in Deutschland begriffen, wie wichtig es ist frei entscheiden zu können. Das hätte ich in Süditalien niemals tun können. Ich wäre nicht glücklich geworden. Liebe Grüße Maria

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  2. … Die meine Frau und ich uns geschrieben haben. Das Telefonieren war wirklich so teuer! Ich erinnere mich an Telefonrechnungen, die 200 Mark uberstiegen. Und das als Student. Wo die Briefmarke war, schrieb ich immer kkudb… Kuss klebt unter der Briefmarke…🥰

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    1. Wie liebevoll ein Kuss unter die Briefmarke zu verstecken. Es mussten besondere Briefmarken sein oder sogar Sondermarken. Liest du die Briefe noch? Ich habe meine damals leider weggeworfen. Das würde ich nicht mehr tun.

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      1. Ich habe noch alle an einem „geheimen“ Ort ☺️. Mit frühen Fotos. Früher haben wir immer nach jedem Abschied einen „Liebespfand“ da gelassen… 🙃

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  3. Liebe Maria, meine erste Idee war, Dir als Kommentar zu schreiben, dass ich das eine sehr tragische Geschichte à la Romeo und Julia empfinde. Aber das hätte es nicht getroffen und es hat sich ja auch niemand umgebracht. Deine Entscheidung war sicher ganz richtig, sowohl für Dich als auch für ihn.

    Meine erste Liebe war 15 Jahre alt und ich 13. Sie wollte aber mit 16 heiraten, um von zu Hause wegzukommen. Sie hätte also mindestens 5 oder 6 Jahre bis zu meinem Abitur warten müssen. Das hätte ich ihr natürlich nicht zumuten wollen und das hätte auch sicher nicht funktioniert. Es war es also ebenfalls sie, genau wie in Deinem Fall, die die vernünftigere Entscheidung getroffen hat.

    Wahrscheinlich können Frauen nicht nur stärker und intensiver lieben als Männer, seltsamerweise können sie trotzdem auch noch der vernünftigere Part von beiden sein.

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    1. Lieber Dieter, die Südländer legen sehr viel Wert auf Familienehre. Da ich aber nach meiner Rückkehr von Italien nach Deutschland die Freiheit kennengelernt selbst Entscheidungen zu treffen, wusste ich das ich dies in Italien als verheiratete Frau nicht tun konnte. Es gab auch immer wieder Spannungen zwischen uns, da sich sowohl seine wie auch meine Familie in unsere Beziehung einmischte. Er war der Erstgeborene und sein Vater hatte die Leitung des Obstmarktes in Salerno und zudem ein gut geführtes Obst und Gemüsegeschäft.

      Auf jeden Fall habe ich die richtige Entscheidung getroffen und du hast uns schon persönlich kennengelernt.

      Liebe Grüße Maria

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  4. Auch wenn es doch irgendwie eine traurige und auch ein wenig dramatische Geschichte ist, so ist sie doch wunderschön.
    Das Leben schreibt doch immer noch die schönsten Geschichten.

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      1. Das ist eine interessante Betrachtung, von der ich natürlich auch schon gehört habe. Doch ich glaube, dass wir zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens immer wieder selbst neu entscheiden können und dann wird aufgrund unser neuen Entscheidung ein neuer Lebensplan entworfen, der vielleicht „vorgeschrieben“ wird. Doch auch hier haben wir immer wieder die Möglichkeit einzugreifen – durch Bewusstheit und neue Wahl.

        Was das dramatische angeht – es klang für mich, bis zu einem gewissen Zeitpunkt – so. Natürlich verschwand dieser Eindruck dann, nachdem Du und der Mann eure eigenen Wege gegangen seid. Nun ja, Wortspielereien…

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      2. Nein ich finde es keine Wortspielerei. Ich finde dein Kommentar sehr wichtig. Jeder hat seine eigene Empfindung beim Lesen, die ich auch nochmals überdenke. Liebe Grüße Maria

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  5. Liebe Maria,
    der Beitrag ist eins deiner Meisterwerke – schön, dass du ihn geschrieben hast. Vor allem die Sandkörner im Kuvert – das ist wundervoll und etwas Besonderes.

    Weißt du, ich glaube, jeder trägt so eine Liebe in sich, die er/sie nie wirklich leben konnte/durfte – aber du sprichst auch ein wahres Wort … genau das lehrt uns vieles und macht uns stärker.

    Diese Liebe bewahrt man bis zum letzten Tag im Herzen. Manchmal ist es besser, etwas nicht zu bekommen, denn davon leben die Träume 😉

    Alles Liebe und schön, dass du schreibst.

    LG

    Rhiannon

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  6. Liebe Maria, ich bin beim Lesen auch in der Zeit zurückgereist… 🙂

    Als ich meine erste Freundin hatte und sie eine Weile in der Türkei war, hat sie täglich einen Brief bei sich am Strand in den Postkasten geworfen und zu mir nach Deutschland geschickt- Ich habe die Briefe noch immer und beim Öffnen damals hatte ich stets ein ganz bestimmtes Gefühl der Verbundenheit. Beim Lesen deines Beitrages konnte ich das direkt wieder spüren. Sehr schön. 😊

    Alles Liebe! VVN

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  7. Der knallrote Fiat 850 weckt Erinnerungen in mir, liebe Maria. Ich fuhr in meiner Jugend einen gelben Fiat 850. Er sah aus wie ein Postauto. Mein Papa schenkte ihn mir zum Abitur. Ich fuhr dieses Auto sehr gerne und war stolz darauf. Die Italiener konstruieren schöne Autos, immer elegant. Herzliche Grüsse aus Moskau von Olivia

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  8. Liebe Maria, danke für die berührende Liebesgeschichte. Sie erinnert mich an meine erste deutsch-französische Liebe, die ebenfalls keine Zukunft hatte (durch meinen Vater vereitelt).
    Die Entscheidung, die Du getroffen hast, war für Dich zunächst sehr schwer, aber im nachhinein richtig. Ich glaube nicht, dass Ihr beide eine Zukunft gehabt hättet, die Lebensauffassungen waren durch Dein Leben in Deutschland zu unterschiedlich. Für mich galt es genau so.
    Ich betrachte es jedoch als Geschenk, dass man solch eine Liebe überhaupt erleben darf, die schönen Erinnerungen bleiben für immer. Wenn man zusammengeblieben wäre, hätte der Alltag wahrscheinlich Ernüchterung gebracht.
    Liebe Grüße Marie

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    1. Liebe Marie, danke für deine Worte. Es stimmt, wäre es zu einer echten Beziehung gekommen, dann wäre es eventuell durch den Alltag zerbrochen. Ich konnte es damals nicht klar definieren, aber ich habe gespürt, dass diese Liebe so im Alltag nicht bestehen kann. Wenn ich in Salerno zu Besuch bin, erinnere ich mich heute gerne noch an die schönen Momente.
      Danke für deine lieben Worte. Liebe Grüße aus dem sonnigen Schwarzwald Maria

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  9. Ist ja wirklich interessant; wusste ich gare nicht.
    Heutzutage ist das ja alles anders und ich denke auych, dass Schokolade in Italien manchmal anders schmeckt, auch wenn man die gleiche Marke kauft. Wir haben das z.B. bedi Penny erlebt; die italienische war irgendwie dunkler und aromatischer. Aber schon interessant, wie es frfüher war und dass die Leute die ganzen Nüsse so geliebt habedn. schmeckt mir aber auch sehr gut

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    1. Ich denke auch das Lebensmittel generell den Länder angepasst werden. Denn Nutella beispielsweise passt sich auch dem Land an. In Frankreich ist die Nutella flüssiger, damit man es besser auf das Baguette streichen kann.

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      1. Ja, so ist es oft. Auch bei Kaffee. Aber dass sie mehr Öl ins Nutella in Frankreich tun, wusste ich nicht. Du wirst lacken, ich kaufe gar kein Nutella. Will den Konzern nicht unterstützen. Ich kaufe entweder im Naturkostladen, mache die Creme selber oder ich kaufe ein lokales Produkt am Gardasee. Das ist super-lecker und viel, viel besser als das doofe Nutella und auch viel gesünder. Das schmeckt so richtig italienisch, mit tiefen, dunklem schokoladigem Ton – wie gesagt, super-lecker. Muss mal sehen, ob ich irgendwo noch die Bilder finde.

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      2. Liebe Liv von mehr Öl in der Nutella schrieb ich aber nicht. Sondern das sie in Frankreich flüssiger ist. Natürlich Selbst-gemachtes schmeckt immer besser aber das geht halt nicht immer. Italiener verwenden Zutaten für Lebensmittel die in Deutschland nicht zugelassen sind. Sonnige Grüße Maria

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      3. Na ja, wenn du kein Öl nimmst, wie willst du denn dann das Nutella flüssiger machen? Klingt interessant, was du über Zutaten schreibst, die die Italiener nehmen, die in deutschland nicht zugelassen sind. Kannst du mal Beispielse geben? Bin neugierig – und dann kaufen wir ja auch viele intalienische Lebensmittel. Somit wäre es gut, das zu wissen.

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      4. Liebe Liv, ich esse kein Schokoladenaufstrich und wenn nur selten. Ich weiß auch das Palmöl verwendet wird mache aber kein Aufstrich selber.
        Ein italienischer Eishersteller der sowohl ein Laden in Deutschland hatte wie in Italien hat mir erzählt, das die Zutaten sich unterscheiden. Welche diese sind habe ich nicht gefragt.

        Aber ich mache für mich als Zitroneneis. Da nehme ich frisch gepressten Zitronensaft, Zucker und koche dies mit Wasser einmal auf. Das tue ich ins Eisfach. Nach einer Stunde nehme ich es raus und rühre es zu einer Crema die Granita. Das tue ich bis ich es serviere 2 mal.

        Liebe Grüße Maria

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      5. Ich nehme an Kokosöl/Palmöl wird eher in Schokolade sein, vermutlich wird es eher ein anderes, aber billigeres vegetablisches Öl sein, Wie Baumwollöl oder sowas. Plamöl ist immer noch etwas teurer und es ist auch etwas härter. Bezüglich „selbst gemachtem“ Eis in Deutschland: Ich habe leider oft gesehen, dass die erssenz aus der Dose kam und nicht besonders gut war. Viele machen das so, auch angebliche italienische Eisläden. In Italien gibt es aber noch viele, die echtes Eis machen. Wichtig finde ich, dass man sich von den grossen, prächgtig aussehenden Eisverkauftstellen weghält, denn das sind meist Touristenfallen mit Eis aus der Dose oder zumindest keinem guten Eis. Das Zitroneneis (Granita), das du beschreibst ist typisch sizilianisch, nicht wahr? Ich habe das rezept auch in einem Sizilien-Kochbuch gesehen. Dort isst Granita ganz besonders beliebt, wenn ich das richtig beobachtet habe. Zugegeben, dort haben wir uns von unterschiedlichen Touristenfallen verführen lassen und es nicht bereut, war wirklich lecker!

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      6. Liebe Liv die genauen Rezepturen für den Schokoladenaufstrich kenne ich nicht. Aber das Zitroneneis wird in ganz Italien hergestellt nur jede Regio hat seine eigene Rezeptur. Liebe Grüße Maria

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  10. Liebe Maria,

    wie manch anderer hier, hat deine Geschichte auch in mir Erinnerungen an die erste Liebe geweckt. In meinem Fall war es ein Luxemburger, aber ich war nicht so klug wie du. Ich wollte diese Liebe um jeden Preis und als er Schluss machte, weil sie keine Zukunft hatte – sein Beruf war in seinem Land aussichtsreich, in München hätte er unten durch müssen, das hätte die Beziehung viel zu fest belastet, zudem war ich zu jung und unselbstständig für ein Leben im Ausland, diese Einstellung hat meine Mutter leider gefördert, während eine Tante mir später sagte, sie hätte mich gefördert und unterstützt, sie fand den Mann toll und ihr Eindruck war, meine Mutter hat mehr an sich als an mich gedacht bei dem Rat, ich soll da bleiben – brach für mich eine Welt zusammen. Ich trug das Gefühl, dass diese Liebe hätte gelebt werden müssen, trotz Heirat und weiterer Beziehungen immer in mir, mal mehr mal weniger quälend, aber immer unaufgelöst. Als ich geschieden war, machte ich ihn ausfindig und schrieb ihm. Er sagte, er hätte mich auch nie vergessen und hatte nicht schlafen können, wenn er beruflich in der Nähe Münchens war, weil er immer an mich denken musste. Er war (unglücklich) verheiratet und hatte drei Söhne. Er besuchte mich in München und ich machte mir erneut Hoffnungen, die er schürte, z.B. mit Aussprüchen wie: „Ich war 2x da, beim dritten Mal…“ Doch dazu kam es nicht. Er versöhnte sich mit seiner Frau und folgte dem Rat eines Freundes, dass man wegen ein paar Gefühlen nicht sein ganzes (beruflich erfolgreiches) Leben hinwirft. Ich war noch einmal am Boden zerstört. Es dauerte noch länger, bis ich begriff, dass es zwischen uns nie gut gegangen wäre. Heute weiß ich das und bin dankbar dafür, dass es lief wie es lief.

    Ich bewundere deine Klarsicht, die du hattest. Und dass du auch die Freiheit gewählt hast mit deiner Entscheidung. Du weißt, dass es so richtig war und das ist ein Geschenk.

    Ganz liebe Grüße
    Marion

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    1. Liebe Marion, ich denke jeder hat seine Geschichte. Ich bin nun selbst Mutter und jede Mutter macht Fehler wie auch auch ich. Was ich aber nicht gut finde, da ich eine ähnliche Erfahrung machen musste ist, im Nachhinein etwas behaupten. Ich hatte eine Freundin die mir viel später eine Situation unserer Beziehung schilderte, die einfach nicht ganz der Wahrheit entsprach. Hingegen seine Familie, Tante und Cousine immer ehrlich zu mir waren. Diese Beziehung besteht bis heute. Die Beziehung zu ihm suche ich nicht, da es sonst den Zauber dieser jungen Liebe zerstören würde. Jeder ist einen anderen Weg gegangen und ist an dem gewachsen.
      Aber leicht ist mir damals die Entscheidung diese Beziehung zu beenden nicht gefallen. Es hatte alles gepasst. Es war zu schön und jedesmal wenn ich von Salerno wieder heimkehrte kam auch immer die Ernüchterung. Das Leben in Deutschland war anders – vom Wetter bis zur Arbeit.
      Nur in Deutschland hatte ich für mich etwas entdeckt, das ich in Süditalien so nicht leben durfte. Meine eigene Meinung zu haben. Aussprechen zu dürfen was ich denke. Das hat mich zum Nachdenken gebracht und ich wusste das ich dies in Salerno nicht konnte. Ich hätte mich nicht entwickeln können aber er auch nicht in Deutschland. Er hingegen arbeitete im Familienbetrieb. Mir war klar das er abgesehen von der Sprache ganz von vorne anfangen musste und das dies nicht funktionieren konnte.

      Du schreibst auch, man soll die Dinge so belassen wie sie sind und da bin ich ganz deiner Meinung. Sonnige Grüße Maria

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      1. Liebe Maria,
        da ich Betriebsferien hatte und ohne Laptop in München war, komme ich erst jetzt zu einer Antwort.

        Natürlich macht jede Mutter Fehler, auch ich. Du sagst, du findest es nicht gut im Nachhinein etwas zu behaupten. Klang es für dich so, als wäre das, was meine Tante mir gesagt hatte, nicht ehrlich, sondern eher manipulativ? (das wäre eine interessante und nachdenkenswerte Sicht der Dinge)
        Oder bezogst du dich lediglich auf deine Geschichte und die spätere Schilderung der Freundin, die für dich so nicht stimmte?

        Dass dir die Entscheidung damals nicht leicht gefallen ist, ist gut nachfühlbar. Da hingen viele ehrliche wahrhaftige Gefühle dran. Sich von diesen zu verabschieden ist sicher ein Prozess, der seine Zeit braucht. Aber ich finde es wunderbar, dass du die Süße der damaligen Liebe bis heute wie einen Schatz in dir bewahrst und schützt.

        Liebe Grüße
        Marion

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      2. Liebe Marion, danke für deine Worte. Der Intensive Briefwechsel zwischen mir und meinem Freund half mir damals meine zwei Welten besser zu verstehen. Alleine das ist schon ein Schatz fürs Leben. Ich hatte zwar eine Beziehung auf Distanz, dafür war sie sehr intensiv durch den Briefwechsel.
        Und ich finde es im allgemeinen nicht richtig im Nachhinein etwas zu sagen, aber es gibt auch Ausnahmen.

        Sonnige Grüße Maria

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      3. Das klingt gut, dann ist zwischen euch nichts offen geblieben, ihr konntet alles an- und aussprechen und es konnte so wohl auch die intensive Zeit abgeschlossen werden. Dass dir das half deine zwei Welten klarer zu sehen und verstehen ist wirklich eine schöne „Reisebegleitung“ für deinen Weg durch dein Leben.

        Hm, da bin ich ganz anders. Mir war es immer wichtig, vor allem auch nicht Geklärtes und offen Gebliebenes im Nachhinein anzusehen und anzusprechen. Durch die Perspektiven verschiedener Beteiligter ist manchmal noch eine Klärung möglich, man kann das Erlebte auch durch andere Augen sehen, das war mir immer wichtig.
        Aber man kann das nicht verallgemeinern. Es kommt immer auf die jeweiligen Umstände an und auch auf die Motive der beteiligten Personen, später etwas dazu zu sagen. Manchmal müssen auch ganz unterschiedliche Wahrnehmungen nebeneinander stehen gelassen werden, weil sich „die Wahrheit“ nicht mehr feststellen lässt, höchstens individuelle Wahrheiten stehen bleiben – und die können differieren.

        Ich schick dir auch sonnige Sommergrüße ☀️

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  11. Liebe Maria, eine wirklich romantische Geschichte. Spannend. Und es ist gut zu wissen, was der Einzelne im Leben braucht. Denn zu viele Opfer können wirklich eine Beziehung belasten. auch in meinem leben hat es Momente gegeben, in denen ich mich für meine Freiheit entschieden habe. Manchmal hatte eine feste Bindung nicht in mein eigenes Leben gepasst, so dass ich lieber auf die Liebschaft verzichtet habe. Im Nachhinein bin ich immer froh gewesen, dadurch wieder frei zu werden für Neues. Und auch ich habe trotzdem mein Glück gefunden. Viele Grüße, Ursula.🙋‍♀️🌈

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    1. Ja Ursula, denn ich bemerkte im Laufe dieser Beziehung, das mich auch in Italien von meinen zwei Welten verfolgte fühlte und ich mit Sicherheit meine Familie damit belastet hätte. Man kann nicht immer über alles Darüberstehen und das muss ich auch nicht. Ich hatte das Glück damals, aufgeräumt in diese junge Beziehung reinzugehen. Denn ich hatte meine Heimat gefunden. Liebe Grüße und danke für das Vorbeischauen auf meinem Blog, Maria

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  12. Hat dies auf Skaldenschule rebloggt und kommentierte:
    Zusammenarbeit

    Dieser Beitrag sollte der Anfang einer Zusammenarbeit zwischen Maria vom Meereskindblog und mir sein. Viel zu romantisch und verträumt um es einfach so zu vergessen steckt so viel Potential in diesem kleinen Beitrag.

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  13. Tornero’…. Ja, Deine Beschreibung erinnerte mich an einen Sommer in Frankreich, auch wenn es weniger war und nicht so lange vorhielt.

    Nie danach versucht, also heute mit den digitalen Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen?

    Danke für das Teilen Erinnerungen… 🍀

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    1. Oft lohnt es sich den Kontakt mit der heutigen Technik und der Möglichkeit die wir haben wiederherzustellen. Gerade in diesen sensiblen Momenten, wie wir sie gerade erleben, sind solche alten Freundschaften wichtig, denn man trifft sich auf einer neuen Ebene.

      Liebe Grüße Maria

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  14. Was für eine schöne Geschichte Maria!
    Vielen Dank für den Hinweis!
    Ähnlich erlebte ich es in meiner Jugendzeit auch – sogar auch in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre.
    … bin nämlich in Siebenbürgen geboren und 1976 nach Baden-Württemberg umgezogen.
    Und „“Torneró“ geht mir irgendwie auch nicht mehr aus dem Kopf.
    Ich wünsche Dir, Du bist seit damals trotzdem glücklich gewesen!
    Alles Liebe
    Michael

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    1. Ja Michael, es dauerte einige Zeit, bis ich loslassen konnte. Dann ging ich meinen Weg.
      Tornerò dei Santo California…manchmal summe ich mir dieses vor…

      Wenn du in Siebenbürgen geboren wurdest, dann hast du auch eine ganz eigene Lebensgeschichte. War Siebenbürgen jemals deine Heimat?

      Gruß Maria

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